
Was beim Überleben hilft - Neues aus Beratung und Behandlung der Suizidalität
AndreasD200/pixelio
1978 nahm das Krisenzentrum Dortmund-Hörde seine Arbeit als erste Fachberatungsstelle in Deutschland für Krisenintervention und Suizidprävention auf. In der Zwischenzeit hat sich vieles in fachlicher und gesellschaftlicher Hinsicht verändert. Was gleichgeblieben ist: der Umgang mit Suizidalität stellte damals wie heute eine besondere Herausforderung dar. Glücklicherweise gibt es inzwischen eine Vielfalt hilfreicher Ansätze, dieser Herausforderung zu begegnen.
Unsere Tagung gibt einen Überblick über interessante neue Entwicklungen und bewährte Strategien. Darüber hinaus beleuchtet sie unterschiedliche Kontexte, in denen Suizidalität oder Suizid eine Rolle spielen können. Ein vielfältiges Programm mit Vorträgen und Workshops bietet Ihnen neueste Erkenntnisse und Ansätze zu dem Thema.
Angesprochen sind Ärzt*innen, Psychotherapeut*innen, Mitarbeiter*innen aus dem Psychosozialen Bereich, Theolog*innen, andere Professionelle und Interessierte.
Die Tagung ist von der Ärztekammer Westfalen Lippe mit 7 Punkten zertifiziert.
Die Veranstaltung ist aus organisatorischen Gründen als Präsenzveranstaltung geplant. In der Mittagspause ist für das leibliche Wohl gesorgt.
Die Anmeldung zur kostenfreien Tagung ist ab 04.11.2024 auf www.krisenzentrum-dortmund.de möglich.
Wir laden Sie herzlich zum 19. Februar 2025 ein und freuen uns auf einen regen Austausch mit Ihnen in Dortmund!
Das Team des Krisenzentrum Dortmund
Tagungsprogramm
Aktuelle Informationen zur Tagung und Tagungsprogramm finden Sie auf Aktuelles zur Tagung
Wir bitten um Beachtung.
10.00 – 11.00
Ankommen und Registrierung
11:00 – 11:05
Begrüßung
Jens Elberfeld
Leitung Krisenzentrum Dortmund
11.05 - 11.10
Eröffung
Michael Kleinschmidt
Geschäftsführer Knappschaft Kliniken Westfalen GmbH
11:10 – 11:20
Multiprofessionelle niederschwellige Suizidprävention am Beispiel des Krisenzentrums Dortmund
In diesem einleitenden Impulsvortrag wird das Krisenzentrum als Modell der Vernetzung zwischen offener Beratungsstelle und psychiatrischer Ambulanz „unter einem Dach“ dargestellt.
Dr. Anke Valkyser
11:20 – 12:00
Aktuelle Konzepte zum Verständnis und zur Behandlung suizidaler Patient:innen
Im Rahmen des Vortrags wird zunächst auf aktuelle Arbeiten zum Verständnis suizidalen Erlebens und Verhaltens eingegangenen, bevor auf dieser Basis Behandlungsmöglichkeiten suizidaler Patient:innen abgeleitet werden. Die praktische Umsetzung der vorgestellten Interventionen wird skizziert und deren empirische Absicherung wird diskutiert.
Prof. Dr. Tobias Teismann
12:05 – 12:45
Suizidalität im Kontext von Flucht und Migration
Geflüchtete Menschen bringen nicht nur besondere biographische Erlebnisse und unterschiedliche kulturelle Lerngeschichten mit sich, sondern leben, zumindest zu Beginn Ihres Aufenthaltes in Deutschland, unter besonderen Bedingungen.
In diesem Vortrag geht es um den Einfluss dieser Besonderheiten auf die Entstehung und die Behandlung von suizidalen Krisen.
Dipl. Psych. Rodica Anuti-Risse
12:45 – 14:00
Mittagspause
14:00 – 16:00
Workshops
Workshop 1:
Der Behandlungsansatz CAMS
Das „Collaborative Assessment and Management of Suicidality“ (CAMS) ist ein Interventionsansatz zur Behandlung von Patient:innen in suizidalen Krisen. Die Patient:innen werden aktiv an der Einschätzung ihres Suizidrisikos sowie der Erarbeitung ihres eigenen suizidspezifischen Behandlungsplans beteiligt. Das konkrete therapeutische Vorgehen wird durch die sogenannte Suizidstatusform (SSF) strukturiert und geleitet. Der Workshop vermittelt die therapeutische Haltung sowie die praktische Durchführung des CAMS.
Dr. rer. nat. Miriam Santel
Workshop 2:
Die psychosoziale und seelsorgliche Erstversorgung und der lange Weg der Integration
(Hinterbliebene nach Suizid)
Hinterbliebene eines Suizides erleben den Tod des nahestehenden Menschen häufig als massiven Schock und gehen einen komplizierten und langwierigen Trauerprozess. Gefühle von Schuld, Scham, Aggression und Ohnmacht erschweren und verhindern lange Zeit die Integration des Verlustes in die eigene Lebenssituation.
Im Workshop werden Ansätze passender Hilfestellung auf dem langen Weg des Trauerprozesses vorgestellt, die den Betroffenen erlauben, anzuerkennen was ist und Handlungsoptionen zu entwickeln.
Soz.-Päd. Regina Kaiser
Pfr. Hendrik Münz
Workshop 3:
Psychotherapeutische Intervention nach Suizidversuch im stationären oder ambulanten Setting,
das (A)-RISE Kurzzeitprogramm
Eine spezifische psychotherapeutische/psychosoziale Behandlung nach einem Suizidversuch stellt neben der pharmakologischen Prävention einen bedeutsamen Teil der Suizidprävention dar, nimmt aber aktuell in der klinischen Routine nur einen geringen Stellenwert ein. Das in Jena entwickelte psychotherapeutische Programm (App-supported) Relapse Prevention Intervention after Suicidal Event ((A)-RISE) setzt direkt bei der Bewältigung von Suizidgedanken und suizidalem Verhalten an. Dabei werden Schlüsselelemente der KVT mit Techniken der Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) kombiniert, die sich als wirksam beim Umgang mit Suizidgedanken und suizidalem Verhalten erwiesen haben. Das therapeutische Vorgehen zielt darauf ab, das Risiko für erneute Suizidversuche zu verringern, das Hilfesuchverhalten zu fördern, die Fähigkeit zur Bewältigung von Suizidgedanken zu verbessern und die Fertigkeiten zum Selbstmanagement von zukünftigen Krisen zu steigern. Das Programm umfasst fünf psychotherapeutische Einzelsitzungen, die eine Anwendung sowohl im (akut-)stationären als auch im ambulanten Setting ermöglichen. In diesem Workshop wird Ihnen das (A)-RISE-Programm sowie die Ergebnisse der durchgeführten Machbarkeitsstudie vorgestellt .
Priv.-Doz. Dr. Gerd Wagner
Workshop 4:
Suizidprävention im höheren Lebensalter
Sterbewünsche sind im höheren Lebensalter überdurchschnittlich häufig. Äußern können sie sich in vielfältiger Weise: von Äußerungen der Lebensmüdigkeit oder dem Wunsch „geholt“ zu werden bis hin zu Suizidvorbereitungen und Suizidversuchen. Der Zusammenhang mit den Lebensumständen der Betroffenen ist evident: Psychische Störungen, körperliche Krankheiten und Beeinträchtigungen sowie soziale Isolation und Vereinsamung sind nicht nur häufige Begleiter des Alters, sondern sie zählen auch zu den prominentesten Suizidrisiken. Für den Umgang mit Suizidalität im Alter ist es zunächst wichtig, dementsprechende Äußerungen zu erkennen. Für ein angemessenes Reagieren ist dann die persönliche Haltung entscheidend. Wenige und einfache Hinweise zum In-Beziehung-Treten und zur Gesprächsführung können dabei ein großes Hilfepotenzial entfalten. Eine wichtige Rolle in der Suizidprävention für alte Menschen kommt schließlich auch Institutionen und Gesellschaft zu.
Prof. Dr. Arno Drinkmann
Workshop 5:
Suizidalität in Beratung und Psychotherapie
Die Arbeit mit suizidalen Klient*innen im ambulanten Beratungs- und Psychotherapiesetting wird oft als nicht möglich oder zu riskant eingeschätzt. Ist das so? Mit welchen Klienten*innen kann man ambulant überhaupt noch arbeiten? Was sind hilfreiche Interventionen, um Klient*innen zu helfen, sich zu schützen, Hoffnung und Stabilität zurückzuerlangen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen? Dieser Workshop gibt einen Einblick darüber, welche Klient*innen für ambulante Hilfen in Frage kommen und wie man ihnen effektiv helfen kann.
Prof. Dr. Tobias Teismann
Workshop 6
Suizidalität in Beratung und Psychotherapie
Die Arbeit mit suizidalen Klient*innen im ambulanten Beratungs- und Psychotherapiesetting wird oft als nicht möglich oder zu riskant eingeschätzt. Ist das so? Mit welchen Klienten*innen kann man ambulant überhaupt noch arbeiten? Was sind hilfreiche Interventionen, um Klient*innen zu helfen, sich zu schützen, Hoffnung und Stabilität zurückzuerlangen und nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen? Dieser Workshop gibt einen Einblick darüber, welche Klient*innen für ambulante Hilfen in Frage kommen und wie man ihnen effektiv helfen kann.
Dipl. Psych. Ingrid Israel
16:15 –16:45
Abschlussvortrag:
Digitale Ansätze in der Suizidprävention – eine Zukunftsmusik?
Technologiebasierte Verfahren zur Behandlung von Menschen mit psychischen Belastungen werden seit etwa zwei Jahrzehnten intensiv erforscht. Seit Ende 2020 sind Digitale Gesundheitsanwendungen (DIGA) in der psychotherapeutischen Regelversorgung in Deutschland angekommen – für Menschen mit Suizidgedanken stehen allerdings kaum digitale Behandlungsformate zur Verfügung. Dieser Vortrag beschreibt die aktuelle Studienlage zu digitalen Interventionen zur Unterstützung von Menschen mit Suizidgedanken, gibt einen Einblick in bereits etablierte digitale Unterstützungsformate in Deutschland und anderen Ländern und diskutiert Chancen, Risiken und Herausforderungen für die Versorgungslandschaft in Deutschland.
Dr. Lasse Sander
16:45 –17:00
Schlussworte/Verabschiedung
Die Referentinnen und Referenten
Prof. Dr. Arno Drinkmann
Psychologischer Psychotherapeut (VT), Professor für Psychologie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Fakultät für Soziale Arbeit, Schwerpunkt: Forschung und Prävention von Suiziden im Alter
Ingrid Israel
Psychologische Psychotherapeutin (VT), stellv. Leitung Krisenzentrum Dortmund
Regina Kaiser
Sozialpädagogin, Systemische Beraterin, systemische Familientherapie und systemische Supervision, Myroagogin (IFAH), Lebens- und Trauerbegleiterin
Hendrik Münz
Pfarrer, Dipl. Theologe, Fachberater für Psychotraumatologie (DIPT), Pfarrstelle für Notfallseelsorge, Feuerwehrseelsorger Feuerwehr Dortmund, Feuerwehrseelsorge VdF NRW e.V.
Rodica Anuti-Risse
Psychologische Psychotherapeutin (VT),
Psychodrama-Therapeutin, Leiterin des Psychosozialen Zentrums für Flüchtlinge der AWO Dortmund
Dr. rer. nat. Miriam Santel
Psychologische Psychotherapeutin (VT), Therapeutische Leitung der Psychiatrischen Notaufnahme im Evangelischen Klinikum Bethel, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Dr. Lasse Sander
Psychologischer Psychotherapeut (VT), Leiter der Forschungsgruppe zu Digital Mental Health an der Medizinischen Fakultät der Universität Freiburg
Prof. Dr. Tobias Teismann
Psychologischer Psychotherapeut (VT), Geschäftsführender Leiter der FBZ Ambulanz für Erwachsene an der Ruhr-Universität Bochum, Arbeitsschwerpunkte: Suizidales Erleben und Verhalten, Depression und depressives Grübeln
Dr. Anke Valkyser
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie (psychoanalytische FT, psychoanalytisch-interaktionelle Gruppentherapie), Leitende Ärztin der psychiatrischen Institutsambulanz am Knappschaftskrankenhaus Lütgendortmund
Priv.-Doz. Dr. Gerd Wagner
Psychologischer Psychotherapeut, Leiter der AG Suizidologie an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena,
Vorstand und Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft zur Suizidprävention (DGS)